Liebe Bremerinnen und Bremer,
wir lieben Bremen, unsere Heimat an der Weser, sehr sogar!
Es gibt gute Nachrichten zum Standort Bremen. Auf der Homepage der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH heißt es in einer aktuellen Verlautbarung:
„Bremen ist die Stadt der kurzen Wege. Hier erreichen Sie Ihr Ziel schneller als woanders. In jeder Hinsicht. Nirgends treffen Sie so viele Entscheidungsträger, Konzerne und Weltmarken auf nur 327 Quadratkilometer. Eine kleine Fläche mit riesengroßen Vorteilen.“
Ja, Bremen hat Unternehmern viel zu bieten. Deshalb steht die Hansestadt wirtschaftlich gut da:
Lt. Wikipedia ist Bremen (2014) im deutschen Vergleich der fünftgrößte Industriestandort, nach Hamburg, Wolfsburg, München und Köln, aber vor Berlin. Der Industrieumsatz ist in Bremen von 2011 bis 2012 um rund 1,4 Mrd. auf fast 23,6 Mrd. Euro/Anno gestiegen. Die Industrie hat in Bremen einen Anteil von 27 % der Bruttowertschöpfung sowie die höchste Exportquote von 55,1 % (Niedersachsen: 44 %, Hamburg: 24 %).
Die Exportquote der Industrie in Bremen liegt bei 53,0 Prozent. Bundesweit sind es 46,1 Prozent. Bremen kommt damit auf Platz eins.
Das verfügbare Einkommen in Bremen liegt bei 22.526 Euro je Einwohner im Jahr (2011). Bundesschnitt: 20.420 Euro. Damit erreicht Bremen Platz zwei.
Das Bruttoinlandsprodukt, die jährliche Wirtschaftsleistung je Einwohner, beläuft sich in Bremen auf 42.505 Euro (2011). Im Bundesschnitt sind es 31.440 Euro. Rang zwei.
Nur, was kommt vom materiellen Reichtum bei der breiten Bevölkerung an? Leider sehr wenig. In Bremen leben überproportional viele Millionäre. 197 von insgesamt 183.253 Steuerpflichtigen im Land Bremen haben Einkünfte von über einer Million Euro im Jahr. Den allermeisten Menschen in der Hansestadt geht es aber immer schlechter, in jeder Hinsicht. Und auch das bremische Gemeinwesen insgesamt ist längst in keiner guten Verfassung mehr. Das war einmal. Die Bereiche, die Karl Marx als „Überbau“ bezeichnete, zerfallen: Politik, Staatsfinanzen, Soziales, Bildung und Kultur, Rechtssystem und Innere Sicherheit, Gesundheitswesen, Infrastruktur, Architektur und historisch gewachsene Institutionen, allen voran der Öffentliche Dienst sowie Parteien, Kirchen, Verbände und Vereine. Herz und Geist dieser Stadt gehen täglich ein Stück mehr verloren. Der Verfall ist auch in den beiden dominierenden Medien Radio Bremen und „Weser-Kurier“ hör- und lesbar.
Gewiss, ganz Europa befindet sich im Niedergang, am stärksten Griechenland, am wenigsten Deutschland und die Schweiz. Bremen ähnelt eher Griechenland. Das Bremische ist fast dahin. Was die meisten Bremerinnen und Bremer mit ihrer Stadt noch verbindet, sind wenig mehr als der Tabellenplatz von Werder Bremen und die wöchentlichen Sonderangebote bei Aldi. In Bremerhaven sind es Basketballer namens „Eisbären“, die für Identifikation sorgen. „Brot und Spiele“ hieß das im Alten Rom. Heimatgefühle werden rar. Wer trägt dafür die Verantwortung? Politisch in erster Linie die SPD. Man möchte meinen, dass die SPD-Genossen, die SPD-Klientel und die SPD-Wähler sehen, wie Bremen verkommt. Aber vielleicht verdrängen sie diese Tatsache auch und sind nur noch bestrebt, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Mit Sicherheit vertrauen sie fest darauf, dass es die Partei schon richten werde, wie das in Krisenzeiten doch immer gelungen ist! Irgendwie zumindest.
Es ist jene Art von Vertrauen, das die Bayern der CSU und die Gläubigen ihrer Mutter Kirche entgegenbringen. Nicht anders verhielten sich übrigens unsere Großeltern, denen Kaiser Wilhelm II. „herrliche Zeiten“ versprach, und das noch mitten im Weltkrieg. Uns ereilt die große Krise im tiefsten Frieden. Unauffällig. Wir erleben keine Explosionen, sondern unauffällige Ketten leichter Implosionen, die zudem von den Herrschenden positiv interpretiert werden, um deren negative Folgen für uns Untertanen zu vernebeln. Das machen Herrscher immer und überall so. So gewöhnen wir uns an den Niedergang. Erst wenn man die Stadt einmal für einige Zeit verlassen hat, erkennt man bei der Rückkehr die Veränderungen, die sich seitdem eingestellt haben, und ist erschrocken bis entsetzt. Viele überkommt dann der Gedanke: “Das ist nicht mehr mein Bremen, das ich kannte.“ Doch die meisten reagieren auf diese Erkenntnis nicht mit Widerstand, sondern resignieren. Nur die Stärksten sinnieren über die Möglichkeit, Bremen zu verlassen, möglicherweise sogar auszuwandern.
Kaum jemand wagt es noch, dem zu widersprechen, was das Establishment und allen voran die seit 70 Jahren regierende SPD über ihre publizistischen Sprachrohre „Weser-Kurier“ und Radio Bremen politisch vorgibt. Nun wäre die Meinungsführerschaft der Sozialdemokratie hinnehmbar, wenn das Bremen nützen würde und es eine ernstzunehmende Opposition gäbe, die ihre Stimme erhebt. Doch solche Gegenstimmen finden sich allenfalls in den Leserbriefspalten der Bremer Presse. Dort werden sie nur geduldet, um die vermeintliche parteipolitische Unabhängigkeit der Redaktionen zu demonstrieren – und aus Furcht, noch mehr zahlende Leser und Abonnenten zu verlieren, vorzugsweise im Bereich der Senioen. Aufkommenden Widerstand von der Basis etwa in Gestalt von Bürgerinitiativen lassen die Herren dieser Stadt mit allen möglichen Tricks gekonnt ins Leere laufen. Wenn es einmal Demonstrationen gibt, dann von oben initiiert, mit dem Bürgermeister vorneweg. Mein Freund Heinz sagt dazu: „DDR 2.0. ohne StaSi“. Ich widerspreche ihm vehement. Ich gebe nicht auf, an die bürgerliche Demokratie zu glauben. Ich bin und bleibe 1848er.
Kurz gesagt: Nicht der Niedergang Bremens ist das Schlimmste an der jetzigen Situation, sondern der Umstand, dass darüber nicht offen und ehrlich gesprochen wird. Daran haben die Herrscher kein Interesse und den meistern Bürgern fehlt der Mut dazu.
Schauen wir genau hin: Die SPD regiert Stadt und Land seit dem 31.Juli 1945. Glorreiche Aufbaujahre bis in die 1970er hinein. Heute ist Bremen nur noch ein Schatten seiner selbst, quantitativ und qualitativ. Wie Mehltau liegt der Filz der Sozialdemokratie über den meisten Institutionen und bestimmt das Denken der meisten derjenigen Menschen, deren Handeln an der Weser politisch von Bedeutung ist. Aber auch die SPD selbst ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie mag links, rechts oder in der Mitte stehen. Für die Hansestadt ist von Belang: Der SPD-Filz lähmt. Entsprechend fällt die Bilanz aus. Sie ist trostlos:
Nicht mehr in Mecklenburg-Vorpommern ist das Armutsrisiko am größten, sondern - seit 2012 – im Bundesland Bremen. Von unseren 662.000 Einwohnern ist fast jeder Vierte armutsgefährdet. Das sind 153.000 Menschen. Sie müssen mit 869 Euro oder weniger im Monat auskommen. Das nennen die Experten „Einkommensarmut“. Auch im Vergleich der Großstädte liegt Bremen mit einer Armutsquote von fast 25 Prozent ganz weit vorne. Bremerhaven belegt mit über 32 Prozent sogar den traurigen Spitzenplatz. Daran ändern weder die Bestandsaufnahme im regelmäßig aufgelegten Armutsbericht noch eine der vielen „Armutskonferenzen“ oder das „Bündnis gegen Armut“ etwas. Alles nur Schaulaufen. Die Kuh wird vom Wiegen nicht fetter.
Der Bremer Haushalt sieht für 2014/2015 jährliche Einnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro vor, dem Ausgaben von 4,5 Milliarden Euro gegenüberstehen. Der Schuldenstand hat schwindelerregende 19 Milliarden Euro erreicht. Das sind fast 31.000 Euro pro Einwohner, vom Baby bis zum Greis. Damit liegt Bremen im bundesweiten Vergleich einsam an der Spitze. Allein die Zinsbelastung, die Bremen zu schultern hat, beläuft sich auf 600 Millionen Euro im Jahr. Dagegen kommen die vier neuen Bundesländer und Bayern mittlerweile ohne Neuverschuldung aus. Ob Bremen das jemals schafft? Zweifel sind angebracht!
Unser Schulsystem befindet sich schon seit Jahrzehnten in der Krise und steht in puncto Bildungseffizienz auf dem letzten Platz in Deutschland, wie regelmäßig durchgeführte Schulleistungsvergleiche zeigen.
Die Kriminalität im Land nimmt beängstigend zu, auch wenn die Verantwortlichen mit Hilfe von geschönten Statistiken der Öffentlichkeit einen gegenteiligen Eindruck zu vermitteln versuchen.
Bremen vermüllt und wird allerorten mit Graffiti-Schmierereien verunstaltet. Jeder, der Augen im Kopf hat, bemerkt das Tag für Tag aufs Neue.
Zur Sanierung der Bremer Straßen werden nicht einmal mehr 40% der Mittel eingesetzt, die dafür erforderlich wären.
Richtig angst und bange wird mir, wenn ich die Politik der rot-grünen Koalition betrachte. Regiert uns der Senat und kontrolliert die Bürgerschaft Senat und Verwaltung? Schön wär’s ja. Oder haben – auch in Bremen - die Bürokraten das Sagen? Diesen Eindruck habe ich mitunter, zunehmend.
Bremens SenatorInnen und StaatsrätInnen reden fast jede Misere schön. Ausnahmen wie die Kabinettsmitglieder Linnert und Stahmann bestätigen die Regel. Das ehrliche Eingeständnis von Schwäche und Versagen sind ebenso verpönt wie Selbstkritik. Doch Vorwürfe helfen nicht. Ich moniere nicht einen Mangel an gutem Willen, vermute nicht Gleichgültigkeit oder böse Absicht bei den Verantwortlichen. Ich sehe nur: Politik und Verwaltung bekommen es einfach nicht mehr auf die Reihe! Statt solider Arbeit servieren sie uns handwerkliche Stümperei, Events und Projekte – Appetithäppchen statt Hausmannskost, Desserts statt Hauptgang. Das Ganze dekorieren sie mit Lobhudeleien, Selbstlob, Ehrungen und Preisausschreiben. Ablenkungsmanöver.
Man kennt die Reaktion der französischen Königin Marie Antoinette (1755-1793) auf den Hinweis, das Volk habe kein Brot: „Sollen sie doch Kuchen essen!“, meinte sie lapidar. Auch dafür landete sie auf der Guillotine. Zu einer Revolution wie 1789 in Paris wird es im Bremen der Gegenwart nicht kommen. Mit Sicherheit nicht. Politisch missliebige Demos werden nur im eng ausgelegten Korsett des gesetzlich Erlaubten geduldet. Kundgebungen dagegen, die sich auf dem Boden der Politischen Korrektheit bewegen, werden finanziell großzügig gefördert und mit einer Schirmherrschaft belohnt, Auswüchse bis hart an die Grenze des Legalen toleriert. Im Übrigen stellen Untertanengeist und Hartz IV die breite Masse der Bevölkerung ruhig.
Viele Bürgerinnen und Bürger nehmen am öffentlichen Leben Bremens teil – in Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Verbänden und Vereinen oder durch die Mitwirkung in wechselnden Initiativen. Einige tun das schon seit Jahrzehnten. Sie erleben, dass die von der Politik propagierte Bürgerbeteiligung zunehmend zur Farce gerät. Die Beiräte in den Stadtteilen und die Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen werden immer mehr zu bloßen Akklamationsgremien für Entscheidungen degradiert, die von oben kommen und großenteils kaum noch zu durchschauen sind.
Gerade ältere Bremer, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagieren, fühlen sich von der Politik ausgenutzt. Bei vielen tut die nachlassende Gesundheit ein Übriges. Sie ziehen sich ins Private zurück. Das könnte Bremen verkraften, wenn Nachwuchs da wäre, der die Lücken schließt. So, wie es in der Vergangenheit immer war. Doch wo sind die 35.000 Studentinnen und Studenten? Wo die 10.000 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II? Im Theater? Im Museum? In den Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und Verbänden? Fehlanzeige. Nur wenige sind politisch oder sozial aktiv. Die meisten privatisieren.
In den Jahrzehnten seit 1945, da die SPD in Bremen herrscht – allein, mit der FDP, der CDU oder wie jetzt mit den Grünen, ist der Staat zum gefühlten Privatbesitz der Parteien und ihrer Klientel im öffentlichen Dienst, in den Verbänden und Vereinen geworden. Je nach Anteil an der Macht. Ein System der Pfründe und Privilegien wie beim deutschen Adel bis 1918, formal abgesichert durch das Personalvertretungsgesetz und real durch die übliche Praxis. Eine geschlossene Gesellschaft. Wer wollte sich dem entgegenstellen, wer das System aufbrechen?! Das wäre eine Aufgabe für Herkules!
Eine funktionierende Opposition sehe ich in Bremen genauso wenig wie eine funktionierende Regierung. In den Beiräten geht es noch anständig zu, aber die dort vertretenden Politiker haben nichts zu sagen. Sie dürfen Beiratsmittel verteilen, die man ihnen hinwirft, um sie zu beschäftigen. Die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft müssten sich einig sein im Kampf der Legislative gegen eine Exekutive, die macht, was sie will, weil man sie lässt, und die weiterregiert, auch wenn sie es nicht kann. Ein Bündnis mit ehrenwerten, aber wenig beachteten Institutionen wie dem Rechnungshof wäre angezeigt. Davon ist nicht viel zu sehen. Die Opposition wagt es ab und an, den Kampf gegen eine falsche Politik des Senats aufzunehmen. Das Ergebnis ist mager. Die Bürgerschaft müsste, nähme sie ihre Rolle ernst, gegen die bremische Bürokratie kämpfen. Das geschieht nicht. Die Regierungsparteien im Parlament bekämpfen lieber die Kollegen der anderen Fraktionen – vereint im Fraktionszwang, obwohl der nach Art. 77 der Bremischen Landesverfassung verboten ist. Jan Timke und ich versuchen, ehrlich zu bleiben. Wir rufen „Halt!“, haben aber als Gruppe BÜRGER IN WUT nicht viel zu melden. Unser Dasein und unsere Arbeit werden totgeschwiegen, soweit das irgend möglich ist. Die Fraktionen von Grünen, CDU und Linken sind umtriebig, aber, gemessen an ihren Möglichkeiten, noch zahnloser. Manchmal komme ich mir vor wie im Privatfernsehen. Auch da stehen Banalitäten im Vordergrund. Wir vermehren in der Bürgerschaft laufend die Zahl der Gesetze und Verordnungen, anstatt sie zu verringern und damit auch die Bürokratie abzubauen. Nein, Transparenz ist nicht gefragt. Möge sich doch der Bürger im Dickicht der Paragrafen verheddern.
Alle Vierteljahre steht im Landtag Weltanschauliches auf der Tagesordnung. Ein Antrag in der Bürgerschaft, der zur Einigkeit der Abgeordneten unter einem vorgegebenen Leitmotiv ruft. Dann sprechen wir uns in trauter Eintracht, möglichst noch in namentlicher Abstimmung, für das Gute und gegen das Böse aus. „Pro bono, contra malum“ hieß in den 1960er Jahren eine Rubrik in der satirischen Zeitschrift „Pardon“. Wer keine Religion mehr hat, braucht eben immer wieder ein politisches Credo. Das kann sehr gefährlich sein, wie die Geschichte zeigt.
CDU, Grüne und Linke warten, wie wir alle, auf den Ausgang der Wahl zur Bürgerschaft am 10. Mai 2015. Jenen aber geht es letztlich nur um die Frage, wer von ihnen auf ein Koalitionsangebot der allmächtigen SPD hoffen darf. Wie die Braut, die auf ihren Freier wartet. Bis dahin spielen die Grünen den braven Regierungspartner und hoffen, in der kommenden Legislaturperiode ein weiteres Mal am Kabinettstisch Platz nehmen zu dürfen. CDU und LINKE mimen starke Opposition in der Erwartung, diesmal von der SPD an die Futtertröge der Macht gebeten zu werden.
Die Medien machen wie immer mit, die einen weniger, die anderen mehr. Na, so viele gibt es ja gar nicht mehr. Sie beteiligen sich an diesem Spiel. Ich kann davon ein Lied singen. Ich kenne die Art und Weise, ich kenne den Text, ich kenne auch die Herren Verfasser, seitdem am 21.02.2013 sogar die taz Bremen, jaja, die einstmals dadaistische taz, über mich schrieb, ich verbreite auf meiner Homepage „dieselben Gemeinplätze wie Himmler über Roma“. Das durfte Redakteur Benno Schirrmeister ungestraft über mich behaupten. Kein Genosse am SPD-Tisch im Festsaal sprang mir bei, als ich von diesem Anwurf gegen mich berichtete, auch nicht mein Fraktionsvorsitzender und auch nicht unser Bürgermeister Böhrnsen. Aus der taz-Redaktion, aus meiner damaligen Partei, aus meiner Kirche, aus meiner Gewerkschaft und aus Kunst, Kultur und Wissenschaft war keiner von Rang und Namen, der mir beistand und sich schützend vor mich stellte. Selbst die „Frankfurter Rundschau“ opferte mich auf dem Altar des Mainstreams. Da wusste ich: Der Geist ist ziemlich tot in dieser Stadt. Trotz zweier Universitäten. Politik ist Kampfsport, mitunter auch Krieg. Das weiß ich jetzt. Das führte mir meine damalige Partei eindrücklich vor Augen, die SPD. Sie hatte das publizistische Theater gegen mich eigenhändig inszeniert.
Man fragt sich: Wieso ist das politische Bremen so verkommen? Gibt es dafür eine Erklärung? Die Gelehrten streiten darüber. Klar ist nur: 1989/90 ging weltweit der Sowjetkommunismus unter. Übrig blieben bekanntlich nur die fünf sog. „ABC-Staaten“: Albanien, Berlin, Bremen, China, (Nord-)Corea und Cuba. Mit der allzu flotten Übernahme der DDR 1990 wurde in ganz Deutschland der Bazillus aktiv, der zum Untergang des „ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden“ geführt hatte. Dieser Bazillus ist nun überall in Deutschland sichtbar, aber nirgendwo so virulent wie in Berlin und Bremen. Als ob die Irrungen und Wirrungen von uns 68ern nicht schon genug Schaden angerichtet hätten!
Bremen wählt weiter SPD. Dagegen ist offenbar kein Kraut gewachsen. Einige aufmerksame Bürger wollen mit Rat und Tat den Niedergang Bremens abbremsen, so auch wir BÜRGER IN WUT. Allein, das ist in Bremen wenig gefragt, eher anstößig und verpönt. Vielen ist es geradezu peinlich. Selbst wenn sie politisch auf unserer Linie sind, hält sie eine Bremse im Kopf davon ab, uns zu wählen. Tut man eben nicht, dafür muss man sich schämen. Ich ahne mittlerweile, was es in Indien bedeutet, „Aussätziger“ zu sein. Stimmt noch die Volksweisheit „Ehrlich währt am längsten“? In der aktuellen Politik jedenfalls nicht. Wie schon unter dem persischen König Xerxes, der von 486 bis 465 v. Chr. regierte, werden auch bei uns die Boten bestraft, die schlechte Nachrichten überbringen. Zwangsarbeit in Steinbrüchen und auf Galeeren ist mittlerweile abgeschafft. Solcher Strafen bedarf es auch nicht mehr, denn Gewalt ist im medialen Zeitalter unnötig geworden. Kritiker, die ehrlich den Finger in die Wunde legen, werden wahlweise ignoriert oder von der 4. Macht im Staat an den Pranger gestellt. Ich kenne außer BÜRGER IN WUT keine politische Gruppierung in Bremen, die sich noch traut, gegen den Strom zu schwimmen - sieht man einmal von der Kirchengemeinde St. Martini ab, die sich geschlossen gegen den Versuch des Establishments stellte, an Pastor Latzel ein Exempel zu statuieren. Eine Kampagne der Herrschenden um öffentlich klarzustellen, wer die Deutungshoheit in der Stadt hat. Nur darum ging es da.
Wir BÜRGER IN WUT bringen unverdrossen die Tatsachen ans Licht der Öffentlichkeit, Wo und wann wir nur können. Der Geist ist auf unserer Seite. Da bin ich mir sicher.
Eines meiner Lieblingsgedichte ist von Hans Magnus Enzensberger. Es heißt: „Ins Lesebuch für die Oberstufe“. Enzensberger schrieb es 1957. Der Schlusssatz lautet:
wut und geduld sind nötig,
in die lungen der macht zu blasen
den feinen tödlichen staub, gemahlen
von denen, die viel gelernt haben,
die genau sind, von dir.
Mir scheint, Enzensberger meinte Menschen wie mich und damit auch Menschen von der Art, wie ich sie seit Jahr und Tag bei BÜRGER IN WUT in Bremen erlebe – redlich, ehrlich, unbestechlich.
Vielleicht spricht das Gedicht auch Sie an. Dann unterstützen Sie mich und uns BÜRGER IN WUT. Machen Sie mit bei „EHRLICH FÜR BREMEN!“
Ihr Martin Korol
Bremen, im April 2015